Russische Navigationssatelliten der Parus Serie

Autor: Maik Hermenau

Die erste Generation des russischen Satellitennavigationssystems besteht aus einem militärisch Teil mit Namen Parus (dt. Segel) und einen damaligen zivilen Teil, welcher Zikada (dt. Heuschrecke) genannt wurde. Das amerikanische Satellitennavigationssystem Transit, was bereits seit 1964 arbeitete, wurde Ende 1996 in den Ruhestand versetzt, bzw. durch das GPS ersetzt. Der militärische Teil des russische Navigationssystems ist hingegen bis heute noch in Betrieb, wenn auch nicht mehr in voller Stärke und auch obwohl Russland das Nachfolgesystem GLONASS seit 1993 für die Navigation als offiziell betriebsbereit erklärt hat. Warum die Parus-Satelliten heute noch verwendet werden kann man nur spekulieren. Vielleicht ist die russische U-Boot Flotte noch immer mit den Shkhuna-Empfangsgeräten ausgestattet und daher wird das veraltete System in Funktion gehalten.
Zwischen 1974-2010 wurden insgesamt 100 Parus-Satelliten erfolgreich gestartet. Pro Jahr wurden ca. 1-5 neue Satelliten in die Umlaufbahn gebracht, da die Satelliten nur eine Lebensdauer von max. 4 Jahre hatten. Im April 2010 wurde der Kosmos 2463 gestartet, welcher als letzter Satellit diese Serie beendet. Nur wenige Tage später nach dem Start, stellte man bei dem Kosmos 2463 eine scheinbare Fehlfunktion des UHF Senders fest. Verteilt über einen Bereich von mehr als 1,8 MHz, gibt es aller 143-kHz-Schritte, Trägersignale einer streuenden Tracking Beacon. Bob Christy hat über seine Beobachtungen auf der Seite Cosmos 2463 - Broken? berichtet. Von den Zikada-Satelliten wurden nur 31 Satelliten zwischen 1976-2002 gestartet. Im November 2003 ist das zivile System deaktiviert worden. Zehn solcher Satelliten bildeten damals das Gesamtsystem, welches aus sechs militärischen Parus-Satelliten, mit einer versetzten Bahnebene von 30 Grad bestand und aus vier zivilen Zikada-Satelliten, die das System mit einer Bahnebene von 45 Grad ergänzten. Da sich die Satelliten im LEO auf einer nahezu kreisförmigen Umlaufbahn in einer Höhe von ca. 1.000 km über der Erdoberfläche befinden, konnte die Wartezeit schon mal mehrere Stunden dauern, bis ein für die Positionsbestimmung geeigneter Überflug stattfand. Die Genauigkeit des Systems für die Positionsbestimmung war vergleichbar mit den Transit-Satelliten und wurde mit ca. 100 Metern angegeben, auch wenn dieser Wert erst bei der Messung von mehreren Überflügen oder mit verschiedenen Satelliten erreicht worden ist.


Russischer Navigationssatellit mit einer UHF Kegelspiral-Antenne und VHF Wendelantenne.

Satellit: Kosmso 2407

NORAD Nr.:
28380

Downlink-Frequenzen:
149.970 MHz Navigationsdaten
399.920 MHz Tracking Beacon
Satellit: Kosmos 2463

NORAD Nr.:
36519

Downlink-Frequenzen:
149.940 MHz Navigationsdaten
399.840 MHz Tracking Beacon
Um die Position des Standortes zu berechnen, wird die Frequenzverschiebung eines von dem Satelliten ausgesendeten Radiosignals gemessen. Zusätzlich ist die genaue Kenntnis der Satellitenposition zu einem gegebenen Zeitpunkt nötig, welche der Satellit in einem Datensignal ständig übermittelt. Die damaligen amerikanischen Navigationssatelliten des Transit-Systems und die russischen Parus/Zikada Navigationssatelliten, nutzten immer ein Frequenzpaar. Es besteht aus einer UHF-Frequenz im Satellitenband um ~400 MHz, auf dessen eine Tracking Beacon (frequenzmodulierter Träger) ausgesendet wird, mit deren man die Dopplerverschiebung ermittelt. Die andere ist eine VHF-Frequenz, welche sich im Satellitenband für Navigation zwischen 149.90-150.05 MHz befindet, wo die Zeit- und Positionsdaten des Satelliten in einem Datensignal übertragen werden. Das Parus/Zikada-Satellitensystem nutze insgesamt fünf verschiedene Frequenzen im Abstand von 30 kHz im Satellitenband für Navigation. Dabei befindet sich der Abstand zwischen der VHF- und UHF Frequenz immer in einem Verhältnis von 3:8. Mit einer Bandbreite von ca. 15 kHz, ist das Datensignal etwas breiter als üblich, wodurch der Empfang mit den meisten Funkscannern wegen einer zu schmalen Filterbandbreite nicht möglich ist. Auf der frequenzmodulierten Trägerwelle befinden sich auf ±3 und ±5 kHz aufmodulierte Seitenbänder mit Daten im NRZ (Non-Return-to-Zero) Kodierungsverfahren und einer Datenübertragungsrate von nur 50 bit/s. Zusätzlich gibt es auf ±7 kHz einen Zeitimpuls pro Sekunde.

Parus-Satellit auf 149.970MHz


Bereits 1980 wurde das Signal von den Mitgliedern der Kettering Group geknackt, welche diese Satelliten als SOVNAVS bezeichneten. Die Übertragung ist derart langsam, dass man es sogar mit Hilfe eines FFT-Programms manuell dekodieren kann. Der Zeitimpuls auf ±7 kHz markiert den Beginn eines 1 Sekunden langen binären 50-Bit-Datenblocks, in welchen jedes einzelne Bit ein Zeitfenster von 20 Millisekunde besitzt. Ein Sprung des Signals vom ±3 zum ±5 kHz Trägers oder umgekehrt bedeutet eine binäre Zahl 1. Bleibt der Sprung aus, stellt es immer eine binäre Zahl 0 dar. Die ersten 18 Bit des Datenblocks beinhalten steht's die Moskauer Uhrzeit. Nach einen Startbit folgen fünf Bits für die Stundeninformation. Danach kommen zweimal sechs Bits für die Minuten- und Sekundeninformation. Die restlichen Bits in dem Datenblock enthalten entweder die derzeitigen Positionsdaten des gerade empfangen Satelliten oder auch Bahnparameter aller anderen aktiven Satelliten. Ein vollständiger Datensatz benötigt für die Übertragung 2 Minuten.
Alan Cordwell hat auf seiner Russian Navigation Satellites Page (Web-Archiv da die Seite offline ist) eine auf Java basierende Dekodiersoftware bereitgestellt, mit deren man eigene Aufzeichnungen eines Signals dekodieren lassen kann. Mit der Dekodiersoftware Sorcerer ist es aus dem Datensignal möglich, die Moskauer Uhrzeit zu dekodieren.

Liste aller militärischen "Parus" und zivilen "Zikada" Navigationssatelliten


letzte Änderung: 24.12.2015

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