Transit 5B-5 der wahrscheinlich älteste aktive Satellit

Autor: Maik Hermenau

Flug- / Missionszeit vom Transit 5B-5:

Als ich mich noch nicht allzu sehr mit dem Satellitenempfang beschäftigt habe, viel mir in der Zeitschrift "Radio-Scanner" der Ausgabe 4/96 ein Artikel auf, in dem es um die "Einführung in den Satelliten-Empfang mit Scannern" ging. Anbei gab es auch eine kleine Frequenztabelle wo die aktiven Frequenzen von ein paar Wettersatelliten, Navigationssatelliten, der Raumstation MIR und auch vom Transit 5B-5 aufgelistet waren. Von der Modulation her war der Transit 5B-5 in der Tabelle mit NFM (schmales FM) ausgeschrieben worden. Nun da ich 1996 noch keinen Computer hatte um mir die Überflüge über meinen Standort mit einem Bahngerechnungsprogramm berechnen zu können, habe ich mir die Frequenz 136.650 MHz in meinen Funkscanner gespeichert und gelegentlich hin und wieder über die Frequenz gedreht und reingehört. Über die Jahre hörte ich den Transit 5B-5 laut meinen Logbuch ein paar Male wie er einen unmodulierten Träger aussendete.
Am Anfang des Jahres 2002 hatte ich wieder einmal Lust auf die Frequenz vom Transit 5B-5 reinzuhören, ob er noch aktiv ist oder nicht. Da ich mich nun über die Jahre mit dem Thema Satellitenempfang weiter entwickelt hatte, habe ich auch von manchen anderen Satelliten gelernt, dass so einige das sogenannte Multiplexverfahren zum aussenden ihrer Übertragungen anwenden. Eine Multiplex-Aussendung besteht aus einen frequenzmodulierten Sender, auf dessen Trägerwelle man mehrere schmalbandige Telemetriekanäle (Seitenbänder) aufmoduliert werden können.
Nun der Überflug kam wie versprochen vom Transit 5B-5 und ich schaltete von NFM auf SSB um und drehte wenige Kilohertz von der eigentlichen Sendefrequenz 136.650 MHz in 1-kHz-Schritten weg. Ich traute meinen Ohren nicht als ich auf 5,4 und 10 kHz von der Sendefrequenz leise aber recht muntere Telemetriesignale hörte. Nun ich dachte es kann ja wohl nicht sein, dass über die vielen Jahre keiner auf die Idee gekommen war, mal nach Multiplex-Aussendungen zu suchen, da der Transit 5B-5 eigentlich in vielen Internetseiten und Fachzeitschriften kein unbekannter Satellit war.
Da ich jetzt Blut geleckt hatte mußte ich mehr über diesen Satelliten wissen. Im Internet und in so einigen Büchern die zum Teil älter als ich sind, gibt es manche wissenswerte Information über die Transit-Satelliten.


Transit-Satellit

Die Aufgaben des Transit-Satellitennavigationssystems

Um die Umlaufbahn eines künstlichen Satelliten zu bestimmen, bedient man sich des Doppler-Effektes. Die Sendefrequenz des Satelliten wird abhängig von seiner Geschwindigkeit zur Bodenstation verschoben empfangen. Messungen dieser Frequenzverschiebung durch mehrere Stationen erlauben die Bahnbestimmung des Satelliten. Bald entstand die Idee, dass Verfahren umzukehren und bei bekannter Satellitenbahn die Empfängerposition durch Dopplermessungen zu ermitteln. Aus geometrischen Gründen können so allerdings nur zwei Koordinaten des Empfängers bestimmt werden, die dritte Koordinate (in der Regel die Höhe) muß dazu bekannt sein.
Durch die Entwicklung U-Boot-gestützter Nuklearraketen (POLARIS), war für deren Einsatzbereitschaft ein globales Navigationssystem nötig, dass mit ausreichender Genauigkeit nur durch Satelliten realisiert werden konnte. Ein entsprechendes Konzept war bereits vorhanden und so begann die Navy 1958 mit der Entwicklung des Transit-Satellitennavigationssystems, dass 1964 der POLARIS-Flotte zur Verfügung stand. Das Transit-Satellitennavigationssystem was auf der Grundlage des Doppler-Effekts die Position mit einer Genauigkeit von ca. 500 Metern bestimmen konnte, bestand aus insgesamt von 1964 bis 1988 aus 27 Satelliten, bei einer bestehende Konstellation von immer fünf bis sechs aktiven Satelliten. Jeder Satellit befand sich in einer kreisförmigen polaren Umlaufbahn auf ca. 1.000 km Flughöhe, die während ihrer 105-minütigen Umläufe etwa 18 Minuten lang von einem Standort aus beobachtet werden konnten. Während eines solchen Durchgangs wurde die Frequenzverschiebung gemessen und unter Verwendung vom Satelliten gesendeter Bahndaten die Position des Empfängers bestimmt. Da die Höhe auf See bekannt ist, stellte die Beschränkung des Verfahrens auf zwei Koordinaten kein Problem dar.
Das Transit-Satellitennavigationssystem lieferte als erstes funktionsfähiges Satellitensystem einen ununterbrochen Navigationsservice seit 1964, mit dem kontinuierlichen senden von Funksignalen auf zwei Frequenzen zur Erde. Die 149.988 MHz wurde für die Übertragung der Navigationsdaten mit einer Sendeleistung von  0,75 / 1 Watt genutzt. Zusätzlich sendete jeder Satelliten auf 399.968 MHz eine Tracking Beacon mit 1,25 / 2 Watt aus. Ab etwa 1973 war das Transit-Satellitennavigationssystem auch für zivile Anwender verfügbar, wovon die Schiffsnavigation regen Gebrauch machte, was dann aber schließlich durch die globale Navigationsanlage "Navstar" und dem GPS System abgelöst worden ist. Der Gebrauch des Transit-Satellitennavigationssystems nach mehr als 32 Jahren für den Navigationsservice der Marine, wurde Ende 1996 eingestellt. Seit dem 1.Januar 1997 wurden die sechs Oscar-Satelliten der End-Konstellation nur noch für das NIMS (Navy Ionospheric Monitoring System) genutzt

Übersicht der genutzten Satelliten für das Transit-Satellitennavigationssystem

Transit Nr.

Startjahr

Objekt Nr.

Satellit

Bemerkung

O-1 1964 897 Transit 5B-4  
O-2 1964 965 Transit 5B-5 TLM auf 136.650MHz aktiv
O-4 1965 1420 Transit 5B-6  
O-5 1965 1514 Transit 5B-7  
O-6 1965 1864 Transit 10  
O-7 1966 1952 Transit 11  
O-8 1966 2119 Transit 12  
O-9 1966 2176 Transit 13  
O-10 1966 2401 Transit 14  
O-11 1977 10457 Transat  
O-12 1967 2754 Transit 15  
O-13 1967 2807 Transit 16  
O-14 1967 2965 Transit 17  
O-16 1983 14154 HiLat wurde nicht für die Navigation genutzt
O-17 1986 17070 Polar BEAR wurde nicht für die Navigation genutzt
O-18 1968 3133 Transit 18  
O-19 1970 4507 Transit 19  
O-20 1973 6909 Transit 20  
O-23 1988 19070 Oscar 23  
O-24 1985 15936 Oscar 24  
O-25 1988 19419 Oscar 25  
O-27 1987 18361 Oscar 27  
O-29 1987 18362 Oscar 29  
O-30 1985 15935 Oscar 30  
O-31 1988 19420 Oscar 31  
O-32 1988 19071 Oscar 32  
FFT-Analysen und Mitschnitte von Transit 5B-5

Der Transit 5B-5 sendet im sogenannten FM-SSB-Multiplexverfahren. Dabei ist auf 136.650 MHz die Mitte der frequenzmodulierten Trägerwelle, in welche sich aufmodulierte Seitenbänder auf ±5,4 und ±10 kHz mit Telemetriesignalen befinden. Wenn man sich die frequenzmodulierte Trägerwelle auf 136.650 MHz in SSB anhört, wird man immer die Trägerfrequenz als ständigen Pfeifton hören können. Diese Trägerfrequenz verkörpert ein Bahnverfolgungssignal, womit man eine Bahnbestimmung mittels einer genauen Messung der Dopplerverschiebung vornehmen kann. Das Seitenband auf ±5,4 kHz sendet mit einem analogen Kodierungsverfahren in PAM (Pulse Amplitude Modulation). Das Signal-Muster wiederholt sich da aller 12,5 Sekunden. Im Seitenband auf ±10 kHz wird das Signal digitale in PCM (Pulse Code Modulation) übertragen. Michael D.Kenny hat eine Reihe interessanter Informationen zusammen getragen, welche er in Form einer PDF-Datei über den Transit 5B-5 veröffentlichte.
Nach eingehender Beobachtung des Satelliten mußte ich feststellen, dass die Trägerfrequenz ein sogenanntes "jaulen" bei einigen Überflügen erzeugte. Zur gleichen Zeit hatten dann auch die Seitenbänder dieses jaulen, oder waren gleich ganz deaktiviert. Ich nehme an das dieses jaulen ein sicheres Zeichen ist, dass zu diesem Zeitpunkt nicht genügend Energie für das normale arbeiten des Satelliten zur Verfügung steht und so die meisten Funktionen des Satelliten zusammen gebrochen sind. Kurios ist, dass dieser Zustand auch im Sonnenlicht stattfinden, wo es ja eigentlich keine Probleme geben sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass der Transit 5B-5 keine richtige Lagekontrolle mehr besitzt und sich so möglicherweise um alle seine drei Achsen drehen könnte. In diesem Fall würde immer nur für wenige Augenblicke Sonnenlicht auf die starren Solarflächen gelangen, so dass die gewonnene Energie vielmals nicht ausreicht um die Funktionen aufrecht zu halten. Bei Nachtüberflügen des Transit 5B-5 kann man sehr gut beobachten, dass der Sender des Satelliten beim Eintritt in den Erdschatten innerhalb von nur vier Sekunden verstummt.

Transit 5B-5 auf 136.650MHz

Transit 5B-5 auf 136.650MHz Telemetrie Multiplex-Aussendung auf ±5,4kHz

Transit 5B-5 auf 136.650MHz Telemetrie Multiplex-Aussendung auf ±10kHz

Transit 5B-5 auf 136.650MHz "jaulenden" Trägerfrequenz

Transit 5B-5 auf 136.650MHz Telemetrie Multiplex-Aussendung auf ±10kHz
Eintritt in den Erdschatten wo der Sender abstürzt und das Signal verstummt.

Zusammenfassende Erläuterung zum Transit 5B-5

Die Sender für die Navigation vielen beim Transit 5B-5 bereits schon 19 Tage nach dem Start am 31.Dezember 1964 aus. Somit deutet alles auf eine technische Fehlfunktionen hin. Der Satellit reagierte scheinbar danach auf keine Kommandos von den Kontrollstationen mehr und somit ließ sich wohl der Telemetrie-Sender auch nicht deaktivieren. Seither sendet er nun pausenlos seinen Gesundheitszustand in Forum einer Fernmess-Übertragung zum Boden. Die Sendeleistung des Senders auf 136.650 MHz schätze ich auf ca. 3 Watt. Seine Batterien sind nach so vielen Jahren natürlich ohne Funktion, da diese Anfang der 60er Jahre noch nicht die Qualität hatten um über 40 Jahre die unermüdlichen Lade- und Entladezyklen zu überstehen. Somit gibt es jetzt nur noch die Möglichkeit seine Energie von den Solarzellen direkt zu beziehen, auch wenn diese sicherlich durch die ständige UV-Bestrahlung und den Partikelbeschuß erblindet sind und nicht mehr die volle Leistung bringen. Da beim Eintritt in den Erdschatten all seine Systeme regelmäßig abstürzen, ist es ist doch sehr verwunderlich dass er sich nach so vielen Jahren in Betrieb immer wieder von den Abstürzen erholt hat.
Laut einigen Quellen hatten einige Satelliten der Transit 5B Serie eine durch Kernenergie erzeugte Stromversorgung. In einigen Listen benennt man ihm auch als Transit 5B-N5, wobei das "N" im Namen vielleicht auch für Nuklear stehen könnte, ob wohl die Satelliten vier Solarflächen besitzen. Ein anderer Satellit Transit 5E-5 (SN-43) der zusammen mit dem Transit 5B-5 gestartet worden ist, wurde erst gar nicht für die Navigation genutzt, sondern nur als Experimentalsatellit verwendet. Dieser trug auch noch weitere Bezeichnungen wie Radiation und Radose die wahrscheinlich für die Benennung der Experimente an Bord waren. Die beiden Buchstaben "SN" der in Klammern stehenden Bezeichnung SN-43 könnte die Kurzbezeichnung für SNAP sein, was wiederum für "Systems for Nuclear Auxiliary Power" steht. Laut dem Lexikon ist SNAP ein Hilfsstromaggregat was auf Kernenergiebasis für die Bordenergieversorgung in Raumflugkörpern diente.
Es ist sehr schwierig speziell für die Transit 5B Serie Informationen zu bekommen, da alle Transit-Satelliten ab der 5.Serie als militärisch eingestuft worden sind. Der Transit 5B-5 taucht z.B. Abseits der anderen Transit-Satelliten über die einiges beschrieben steht, im Buch: "Raumschiffe, Raumsonden, Erdsatelliten - Typenbuch der Raumflugkörper" von 1970, als anonymer militärischer Satellit auf. Wie es ausschaut könnte es darauf hindeuten, dass er auch noch einen anderen militärischen Zweck als nur zur Navigation hatte und vielleicht man bei ihm noch so einiges verschwiegen werden sollte.
Sehr verwirrend ist, dass es mehrere unterschiedliche Bezeichnungen für ein und den selben Transit-Satelliten gibt. Am Beispiel vom Transit 5B-5 wird dieser auch noch bezeichnet als OPS 6582 "Orbit Positioning Satellites" welche eine klassifizierte militärische Navy Bezeichnung ist. Auch gibt es ihn mit dem Namen Transit O-2 als dazugehöriger Satellit des Transit-Satellitennavigationssystems und NNSS 30020 was die Abkürzung für "Navy Navigational Satellite System" bedeutet.
Da die Transit-Satelliten in sehr stabilen Umlaufbahn gekommen sind, rechnet man mit etwa 700 Jahre wo sie in der Umlaufbahn verbleiben, bis sie einer späteren Generationen der Menschheit auf den Kopf fallen werden.

136 to 138 MHz Band Satellites von Michael D.Kenny aus Melbourn, Australien

NIMS (Navy Ionospheric Monitoring System)

NIMS (Navy Ionospheric Monitoring System) war ein Projekt was den Elektroneninhalt der Ionosphäre durch die Beobachtung von Funksignalen bestimmte. Für diesen Zweck hatte man die sechs Oscar-Satelliten der End-Konstellation des Transit-Satellitennavigationssystems weiterhin in Betrieb gelassen, auch wenn die Navigationsdaten nicht mehr von Bedeutung waren. Für die Beobachtung der Satelliten gab es sechs Kontrollstationen u.a. in Lindau im Harz (Deutschland), in Graz (Österreich) und vier italienische Kontrollstationen in Lampedusa, Sizilien, L'Aquila und Florenz. Der verwendete Name "Oscar" sollte nicht mit den gleichnamigen Amateurfunk-Satelliten verwechselt werden. Die Navy hatte zufällig in den 60ern diese Bezeichnung gewählt. Im Jahr 2005 wurde schließlich das NIMS Projekt beendet, da die Sendeleistung der Satelliten immer mehr nachließ. Zu dem Zeitpunkt waren auch schon nicht mehr alle sechs Satelliten aktiv. Die letzten beiden Satelliten waren der Oscar 23 und Oscar 25 deren Signal ich im August 2010 noch empfangen konnte.

Oscar (NIMS) auf 149.988MHz

Satellit Objekt Nr. Frequenzen in MHz Zweck
Oscar 27

18361

149.988
399.968

Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon
Oscar 29 18362 149.978
399.942
Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon
Oscar 25

19419

149.988
399.968

Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon
Oscar 31 19420 149.988
399.968
Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon
Oscar 23

19070

149.988
399.968

Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon
Oscar 32 19071 149.978
399.942
Daten in Phasenmodulation
Tracking Beacon

letzte Änderung: 17.03.2013

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