Die Bahnverfolgungsschiffe der Kosmischen Flotte

Autor: Maik Hermenau

Um die Funksicht für die Kommunikation zu erweitern, setzte man zusätzlich zu dem bestehenden Netz an Bahnverfolgungsstationen auf dem Festland, auch mobile Bahnverfolgungsschiffe auf den Weltmeeren ein. Alle großen Raumfahrtsnationen wie Russland, USA und jetzt auch China haben solche Schiffe genutzt oder nutzen sie noch immer. In der sowjetischen/russischen Raumfahrt hat man den Dienst der Bahnverfolgungsschiffe, die aus einer Flotte von 10 Schiffen noch bis 1992 bestand, wegen zwingenden ökonomischen Problemen am 1.Januar 1992 eingestellt. Seit dem Anfang der Nutzung von geostationären Satelliten für die direkte Kommunikation zwischen Raumfahrzeugen und dem Flugleitzentrum ZUP in Koroljow, gab es seit dem Betrieb der Raumstation Saljut-7 schon fast keinen Bedarf mehr für die Schiffe. Ab 1990 trat so die stufenweise Beendigung und Abwrackung der Kosmischen Flotte ein. Bis Mitte 1992 war noch die "Kosmonaut Pawel Beljajew" mit einer Position westlich von Afrika aktiv, welche dann nur noch für Starts, Kopplungen und Landungen von Sojus- und Progress Zubringerschiffen und für Außenbordaktivitäten genutzt wurde. Fast alle der insgesamt 22 Schiffe dieser Kosmischen Flotte, wurden außer den letzten vier Bahnverfolgungsschiffen der Selena-Klasse verschrottet. Von den viern wurden nur zwei der Schiffe die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski" und die "Kosmonaut Wiktor Pazajew", welche man zuletzt von 1977-1978 als Bahnverfolgungsschiff umgebaut hatte, für eine mögliche Nutzung in naher Zukunft voll intakt gelassen und noch zusätzlich mit einer S-Band-Antenne unter einem Radome ausgestattet. Den Namen erhielten diese Bahnverfolgungsschiffe zu ehren der am 29.Juni 1971 verunglückten Kosmonauten von Sojus-11. Als erste Besatzung der erste Raumstation Saljut-1, verloren sie nach 23 Tagen in der Umlaufbahn bei der Einleitung der Landung ihr Leben. Durch einen heftigen stoß bei der Abtrennung der Orbital- und Servicesektion, öffnete sich versehentlich das Frischluftventil im Vakuum des Weltraums. Innerhalb von ca. 30 Sekunden entwich die gesamte Atemluft aus der Kapsel. Die plötzliche Dekompression und das nicht tragen von Druckanzügen, führte zum sofortigen Tod der Kosmonauten.


Extrablatt des ND vom 07.06.1971


Extrablatt der Bild-Zeitung vom 30.06.1971

Kosmonaut Wiktor Pazajew

Das Bahnverfolgungsschiff "Kosmonaut Wiktor Pazajew" wurde ursprünglich 1968 als Getreidetransportschiff der Handelsflotte in der Werft von Leningrad heute Sankt Petersburg gebaut. Von 1977-1978 rüstete man es dann als wissenschaftliches Forschungsschiff "Kosmonaut Wiktor Pazajew" um. Zwischen 1979-1994 unternahm es 14 wissenschaftliche Reisen in den Zentral- und Süd-Atlantik. Es arbeitete für die Weltraummissionen Saljut-6, Sojus-34, Saljut-7, Sojus T-5, Sojus T-8, Sojus T-9 und Sojus T-10. Seine Aufgabe bestand die Kommunikation und Bahnen von Satelliten, interplanetaren Sonden und Raumstationen zu kontrollieren und die gesammelten Daten zum Flugleitzentrum ZUP über die Molnija (dt. Blitz) Satelliten zu übertragen. Es ist ausgerüstet mit einen Universal-Telemetrie-System, einer S-Band Parabolantenne geschützt unter einen Radom gegen Wettereinflüsse, zwei Logarithmisch-periodische VHF-Antennen, sowie einer Vierergruppe Logarithmisch-periodische Parabolantennen für das Kommunikations- und Bahnverfolgungssystem MA-9MKTM Kamille. Seit dem 14.April 2001 liegt das Schiff am Pregelkai als Ausstellungsstück des Weltmeeresmuseums im Hafen von Kaliningrad, Russland. Ansicht bei Google Maps Gemeinsam mit dem russischen U-Boot "B-413", sowie dem ehemals deutschen Frachtschiff "Mars", welches die UdSSR 1949 übernahm und es als Forschungsschiff "Witjas" einsetzte. An Bord der "Kosmonaut Wiktor Pazajew" befindet sich heute eine kleine Ausstellung über die sowjetische/russische Raumfahrt.


Die "Kosmonaut Wiktor Pazajew" in Kaliningrad. © Fotos Martin Kaule

In den Versorgungsflügen zur ISS ab der Progress M-47 im Februar 2003, wurde von mir in allen weiteren Progress-Flügen beobachtet, daß es auch im 5.Umlauf am jeweiligen Starttag Kommunikation über Europa gab, ob wohl sich das Raumfahrzeug nicht zu diesem Zeitpunkt in Funksicht denen am westlichsten gelegenen Bahnverfolgungsstationen RGS-29/Krasnoje Selo und RGS-34/Schtscholkowo befand. Laut dem Hinweis von Robert Christy über der HearSat Mailingliste, konnte es sich nur um das Bahnverfolgungsschiff "Kosmonaut Wiktor Pazajew" handeln, welches dort jeweils im 5.Umlauf zum Einsatz kam. Schon im Mai 2002 wurde laut dem ISS On-Orbit Status von der Exp.4 Crew der ISS, die Übertragung von Telemetrie und Phonie zum Bahnverfolgungsschiff "Kosmonaut Wiktor Pazajew" mit dem Rufzeichen UZYY, zu der Besatzung des Schiffes getestet. Seit dem Flug der Exp.8 Crew im Oktober 2003 mit der Sojus TMA-3 zur ISS, wurde dann die "Kosmonaut Wiktor Pazajew" regelmäßig für die Relaisfunktion von Telemetrie und Phonie während der ersten zwei Flugtage eingesetzt.

Kosmonaut Georgi Dobrowolski

Das baugleiche Schwesterschiff die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski", welche das zweite übrig gebliebene Bahnverfolgungsschiff war, befand sich längere Zeit im Hafen der Schiffbauanlage "Kanonerski" von Sankt Petersburg, Russland. Laut damaliger Planung wollte man die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski" mit dem Rufzeichen UZZV, für das internationale Projekt "Sea-Launch" nutzen. Seit August 2003 lag das voll funktionsfähige Bahnverfolgungsschiff, im Hafen von Swetly südwestlich von Kaliningrad, Russland vor Anker und wartete auf eine Entscheidung der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. Zu diesem Zeitpunkt gab es für die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski" dann keine Planung mehr für eine weitere Nutzung. Schließlich hat man dann die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski" im Dezember 2005 bei einer Versteigerung in Koroljow, für 725.000 Euro an eine Reederei auf dem Karibik-Inselstaat Saint Kitt und Nevis, ohne die Forschungsausrüstungen verkauft. Somit war ab dann die "Kosmonaut Viktor Pazajew" das einzige noch verbliebene Bahnverfolgungsschiff der ehemals Kosmischen Flotte.


Die "Kosmonaut Georgi Dobrowolski" in der Schiffbauanlage "Kanonerski" von Sankt Petersburg. © www.enlight.ru

Die Kosmische Flotte

Kosmonaut Wladimir Komarow
Länge: 155,7m
Breite: 23,3m
Tiefgang: 8,8m
Wasserverdrängung: 17.850t
Baujahr: 1967 in der Werft Leningrad
war bis 1990 im Dienst

Krasnodar, Illitchewsk bis 1966 im Dienst
Aksai, Dolinsk, Beshtsa bis 1975 im Dienst
Ristna bis 1976 im Dienst
Beshitsa bis 1977 im Dienst
Kegostrow, Morshowets, Borowitschi, Newel bis 1990 im Dienst
Domensk, Nedelin, Tschaschma, Tschumikan
Länge: 121,9m
Breite: 16,7m
Tiefgang: 4,7m
Wasserverdrängung: 6.100t

Akademik Sergej Koroljow
Länge: 180,8m
Breite: 25,0m
Tiefgang: 7,7m
Wasserverdrängung: 21.250t
Baujahr: 1970 in der Werft Nikolajew
Von der Ukraine 1996 zum Schrottpreis nach Indien verkauft.

Kosmonaut Juri Gagarin
Länge: 231,6m
Breite: 31,0m
Tiefgang: 8,5m
Wasserverdrängung: 45.000t
Baujahr: 1970-1971 in der Werft Leningrad
Von der Ukraine 1996 zum Schrottpreis nach Indien verkauft.

Die Fotos rechts stammen von Chris v. d. Berg aus dem
Anfang der 90er Jahre.


Kosmonaut Wladislaw Wolkow
Baujahr: 1968 in der Werft Leningrad
Umgebaut: 1976-1977 in der Werft Leningrad, 2000 umgebaut
Kosmonaut Pawel Beljajew
Baujahr: 1968 in der Werft Leningrad
Umgebaut: 1977-1978 in der Werft Leningrad, 2000 umgebaut
Kosmonaut Georgi Dobrowolski
Baujahr: 1968 in der Werft Leningrad
Umgebaut: 1977-1978 in der Werft Leningrad
Von Roskosmos 2005 ohne Ausrüstung in die Karibik verkauft.
Kosmonaut Wiktor Pazajew
Baujahr: 1968 in der Werft Leningrad
Umgebaut: 1977-1978 in der Werft Leningrad
Letztes verbliebene Bahnverfolgungsschiff der Kosmischen Flotte!
(Alles ehemalige Getreidetransportschiffe der Handelsflotte.)
Länge: 121,9m
Breite: 16,7m
Tiefgang: 6,6m
Wasserverdrängung: 8.950t

Pictures of Soviet tracking ships

letzte Änderung: 14.12.2011

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